
Lufthansa-Betriebsratsvorsitzende Petra Zander im Interview
Die meisten Flugzeuge der Lufthansa bleiben wegen der Corona-Pandemie im Moment am Boden, 87.000 Beschäftigte sind in Kurzarbeit. Über die Situation bei Europas größter Fluglinie sprachen wir mit der Lufthansa-Betriebsratsvorsitzenden Petra Zander.
Frau Zander, Corona traf viele Firmen völlig unvorbereitet. War die Lufthansa auf den Epidemie-Fall vorbereitet, gab es einen Katastrophenplan in der Schublade?
Einen Global-Katastrophenplan gab es nicht. Das Wesen einer Krise ist wohl die Nichtplanbarkeit und die Überraschung. Mit so etwas hat niemand gerechnet. Aber Lufthansa ist trotzdem extrem krisenerprobt – das gehört quasi zur „DNA“ einer Fluglinie. Wir haben effiziente Kommunikationsstrukturen und konnten spontan und zielgenau reagieren – und das innerhalb kürzester Zeit. Diese Wendigkeit bei der Bildung spezieller Krisenstäbe ist eine Besonderheit von uns als Fluglinie.
87.000 Menschen sind bei der Lufthansa aktuell in Kurzarbeit. Wie schaffen Sie es, eine positive Stimmung aufrecht zu erhalten?
Innerhalb von nur drei Wochen waren alle in Kurzarbeit, eine organisatorische Meisterleistung. Die gute Vernetzung aller Beteiligten ist eine Stärke der Lufthansa. Und die Kollegen haben sehr ruhig und besonnen reagiert, alle sind gut geschult und krisenerprobt. Das hilft uns jetzt sehr. Optimismus ist natürlich nicht immer einfach in diesen Zeiten, aber die Mitarbeiter sind gut vernetzt, viele befreundet. Es gibt einen ganz besonderen Spirit. Wir Betriebsräte haben uns auf die Fahne geschrieben transparent zu handeln, viel zu erklären und immer ansprechbar zu sein.
Im Moment wird viel von der Weiterbildung der Belegschaften gesprochen. Schaffen Sie es als Betriebsrat, Corona mit einer Bildungsoffensive zu verbinden?
Die Lufthansa hat ihren Beschäftigten schon vor Corona einen umfassenden Zugang zu verschiedenen Selbstlernformaten angeboten. Dies wird aktuell angepasst, denn viele wollen sich momentan weiterbilden, auch oder gerade, weil sie nicht arbeiten. Eine größere Bildungsoffensive ist aber noch nicht im Fokus. Das kommt hoffentlich, sobald Zeit hierfür ist.
Werfen wir noch einen Blick in die Glaskugel: Wie sehen Sie künftig die Personenflüge und den Tourismus; und wird es wieder Dienstreisen im alten Stil geben?
Sicher beantworten kann das im Moment niemand. Schon vor Corona hatte sich die Flugbranche verändert, z.B. mit dem Trend zum billigen Fliegen. Im Tourismus-Bereich gibt es nach Corona wahrscheinlich leider Insolvenzen, aber vielleicht auch neue Ideen und Standards zum Thema Reisen. Je nachdem, wie sich die Finanzen und Arbeitsplätze entwickeln, wird es vielleicht auch ein Nachholbedürfnis geben, ein „Jetzt erst recht!” Entscheidend ist, wie lange die Beschränkungen anhalten, auch in anderen Ländern, und wie gut die Unternehmen durchkommen. Ohne Staatsunterstützung wird es auch nach Corona problematisch. Aber geflogen wird weiter, auch Dienstreisen gehören dazu. Denn trotz Skype und Co wird der persönliche Kontakt wichtig bleiben. Es ist ein dynamischer Markt – und das Bedürfnis nach anderen Kulturen und Sichtweisen in der Welt wird bleiben.

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